Pressemitteilung zur Kampagne 2022
Loverboys und andere Zwänge: Nicht wegsehen, wenn Menschen in Not Opfer
sexueller Ausbeutung werden
Bundesweite “not for sale”-Kampagne will auf den Handel mit Minderjährigen zur
sexuellen Ausbeutung aufmerksam machen. Der Krieg in der Ukraine sowie die
Coronapandemie haben dem Verbrechen Zulauf beschert. Jetzt sind alle gefragt, nicht
wegzusehen und zu helfen!
Hunderttausende von denen, die derzeit aus der Ukraine flüchten, sind inzwischen in Deutschland angekommen. Die Mehrheit der Geflüchteten sind dabei Frauen und Kinder Mit den Geflüchteten haben sich auch sofort Nutznießer eingefunden: Männer – laut Bundespolizei sind alle bislang Verdächtigen Männer – sprechen gezielt Frauen (mit und ohne Kinder) in Not an und bieten ihnen Wohnraum an. Das Dubiose – so die Wortwahl der Berliner Bundespolizei beim Telefonat – sei, dass diese Männer den Frauen und Kindern Geld dafür anböten, dass sie bei ihnen wohnten. Menschenhandel – speziell Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung und dabei auch der Menschenhandel mit Minderjährigen – ist nicht nur im aktuellen Fluchtkontext ein großes Thema weltweit. Die erste globale großangelegte Studie zur sexuellen Ausbeutung von Kindern auf Reisen und im Tourismus wurde 2016 veröffentlicht und hatte das ernüchternde Fazit: Kein Land dieser Welt ist von diesem Verbrechen ausgenommen, in jedem Land dieser Welt gibt es Opfer und Täter:innen. Deutschland gehört dabei zu einem der führenden Herkunftsländer von Tätern – 400.000 deutsche Männer machten vor der Coronapandemie jährlich sogenannten Sexurlaub, in vielen der Zielländer werden Minderjährige zum Sexkauf angeboten. Es handelt sich bei dem Begriff Sexurlaub also um einen gefährlichen Euphemismus für bezahlte Vergewaltigungen. Doch man muss gar nicht so weit schauen, um Betroffene zu finden. Mit der Loverboy-Methode werden auch in Deutschland Minderjährige in die Prostitution gezwungen: junge Männer täuschen die große Liebe vor und nutzen die entstehende Bindung schamlos und kriminell aus. Cybergrooming, also die virtuelle Annäherung an Minderjährige, um sie sexuell auszubeuten, ist ebenfalls auf dem Vormarsch. In Deutschland wächst die Zahl der Betroffenen von Kinderhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung daher an. Das Bundeslagebild des Bundeskriminalamts zum Menschenhandel zum Jahr 2020 – veröffentlicht im September 2021 – zeigt einen deutlichen Anstieg der Fälle der Ausbeutung Minderjähriger während der Coronpandemie. 2020 gab es in Deutschland 178 Ermittlungsverfahren wegen der kommerziellen sexuellen Ausbeutung von Minderjährigen; rund 50 Prozent mehr als im Vorjahr. Im Rahmen der Verfahren wurden 251 minderjährige Opfer festgestellt (mehr als 60% mehr als im Vorjahr), 42 davon waren Kinder, also unter 14 Jahre alt. Dabei, so heißt es in dem Bericht, habe die Pandemie die Möglichkeiten eingeschränkt, solche Fälle festzustellen. Man muss also von einem noch größeren Dunkelfeld ausgehen als bisher. Die Kampagne “not for sale”, die von 15. bis 31. März in fünf deutschen Großstädten – Stuttgart, Frankfurt, Hamburg, Köln und Berlin – zu sehen sein wird, möchte genau auf dieses Problem hinweisen und auch darauf, wie man im Verdachtsfall reagieren kann. Dafür steht die Plattform www.nicht-wegsehen.net zur Verfügung, die in Kooperation mit der Organisation "ECPAT" und der Bundeskriminalpolizei ins Leben gerufen wurde. Die Kampagne selbst wurde 2017 von Fotografin Lena Reiner – ehrenamtlich – ausgearbeitet und initiiert, seit 2018 sind die Großflächenplakate in immer anderen deutschen Städten zu sehen. Die aktuelle Plakataktion wird durch die Spenden der "JUVE Awards 2020" sowie die Kooperation mit der "BONO-Direkthilfe" ermöglicht. Das Außenwerbeunternehmen Ströer hat die Kampagne unterstützt, um mit den Spendengeldern eine möglichst reichweitenstarke Kampagne zu ermöglichen. INFOBOX 22. März, 19 Uhr 30 bis 21 Uhr: Loverboy-Methode und andere Zwänge: Zwei Prostitutionsüberlebende erzählen. Was haben Sie erleben müssen? Was spielt die aktuelle Gesetzgebung in Deutschland für eine Rolle? Was sind ihre Erfahrungen im Umgang mit sexueller Ausbeutung? Nach einem moderierten Einstieg sind auch Fragen aus dem Publikum möglich. Anmeldungen mit Betreff „Prostitutionsüberlebende“ bis 21. März an info@menschenfotografin.de, Sie erhalten daraufhin den Zoom-Zugangslink. Das übrige virtuelle (coronakonforme) und kostenlose Rahmenprogramm folgt zeitnah online unter www.kampagne-notforsale.de